Donnerstag, 8. Mai 2014

Auf dem Weg nach Trabzon oder wie ein Türke sächselt

So lieb, wie uns Samsun hatte, wollte es uns nicht gehen lassen und das obwohl die Visa früher (10.30 Uhr) als angekündigt (13 Uhr) da waren.
Zunächst kam der FedEx-Bote mit einem Päckchen für uns, doch nicht mit den Visa! Während wir versuchten eine Telefonnummer von FedEx bzw. dem dort zuständigen Partnerunternehmen herauszufinden um zu erfahren, wo denn der Brief mit den Visa sein könnte, kam der Hotelbesitzer, welcher sein fehlendes Englisch mit aggressiver Hilfsbereitschaft kompensierte, mit der Information, dass ein Brief an der Rezeption gegen eine Unterschrift auf uns wartete. Es waren die Visa, sogar für die richtigen Länder.
Wir konnten also endlich los!!!
Till und Olcay wurden schnell benachrichtigt und ab ging die Post (12.30)! Für 2km...
Dann hielten wir beim Vorsitzenden des Radclub Samsun, welcher Geburtstag hatte und vor vier Tagen seinen eigenen Rennradladen eröffnet hatte. Doch diese kurz für 1 Stunde eingelegte Pause sollte unsere gute Stimmung nicht Einhalt gebieten können.
Es konnte ja endlich weiter gehen!!!
Als wir weiter wollten fiel uns auf, dass wir den Ersatzmantel im Hotel liegen gelassen hatten. Während Till und Olcay, mit seinem Klapprad samt Anhänger yavas weiter fuhren, kehrten wir um. Stets gut gelaunt, denn es ging ja weiter, wenn auch kurz zurück.
Wir holten Till und Olcay ein, denn die Küstenstraße waren weiterhin so wie sie zu sein hat: düz. So kamen wir schnell voran und egalisierten den späten Aufbruch. Wir campierten dann direkt am Strand. Am frühen Abend umgeben von einigen Autos, welche wiederum je umgeben waren von drei bis vier Türken, die zu lauter Musik tanzten und tranken, doch zum Glück gegen 20uhr den Ort uns alleine überließen.
Am zweiten Tag ging es weiter schnell voran. Der doppelte Windschatten ist sehr gut zu spüren. Olcay fuhr stets an vierter Stelle, da niemand hinter seinem Anhänger vergeblich auf Windschatten warten wollte. Knapp 100 km konnten wir hinter uns bringen. Kurz hinter Ordu suchten wir ein Plätzchen zum campieren. Um etwas am Meer zu finden, mussten wir die Straßenseite wechseln und den die Fahrbahnen trennenden "Graben" durchqueren. Für normale Fahrräder kein Problem - Olcay hat es die Aufhängung seines Anhängers gekostet. Mehr Informationen erhaltet ihr auf seinem Blog (auf türkisch) http://seyrupedal.com/
Oder bei facebook.
Provisorisch konnten wir die Bruchstelle flicken. Die Wochenendbewohner des Gartens in dem wir netter Weise unser Zelt aufschlagen durften stellten uns Draht um die Aufhängung etwas besser zu fixieren.
Doch ein Unglück, welches sich noch als schicksalhafte Glück entpuppen sollte, kommt selten allein. Am nächsten Morgen, mit den zwei Zielen
1) Ototamir zum Schweißen der Bruchstelle aufzusuchen und
2) Bisekdüzü zu erreichen, wo wir auf eine türkische Englischlehrerin treffen wollten.
wurden wir nach 200m jäh gestoppt. Die Kettenschaltung von Olcay hatte sich wohl bei den Reparaturarbeiten leicht verbogen und ist dadurch in die Speichen gekommen. Das Ergebnis davon war die Steigerung von leicht verbogen zu stark gebogen. Es war vor Ort nicht zu reparieren. Zunächst wussten wir auch nicht genau, wo das Problem lag, aber die Überlegungen wurden dadurch erleichtert, dass Mo das verbogene Metallstück beim gerade biegen letzten Endes in der Hand hielt.
Schlechten Gewissens mussten wir Olcay zurücklassen. Er wollte zurück und in Ordu sein Rad reparieren lassen. Das angekündigte Glück war nicht, dass er nicht mehr mit uns mitreisen musste - Geduld ich sag es gleich!
In Bisekdüzü trafen wir auf zwei herzliche Türken, u.a. der Lehrerin, mit denen wir viel reden und lachen konnten. Gerade als wir uns verabschieden wollten und die Uhrzeit für das gemeinsame Frühstück klärten (ganz auf Englisch und ohne Missverständnisse), trafen wir auf drei weitere Türken, von denen einer in Hamburg aufgewachsen ist. Die anderen beiden kannten Ausländer wohl nur aus dem Fernsehen und luden uns zu einer kleinen Flasche Raki am Strand ein - und wir willigten ein: Wir wollten ja nicht unhöflich sein!
Also schnell zwei Plastikkisten und drei Holzkisten geschnappt, nicht zum Sitzen, sondern um ein kleines Feuer zu machen! Plastik brennt überraschend gut! Man sollte mal darüber nachdenken, von Kohlekraftwerken auf Plastikkraftwerke umzusteigen. Das entsprechende Material findet man zu genüge auf sen Straßen.
... und dann fing Sammi, der Deutsch-Türke, an zu reden. Nicht nur das Redetempo und die Geschichten waren sehr unterhaltsam, sondern auch der schnelle Wechsel zwischen den verschiedensten Dialekten: Bayrisch, schwäbisch, sächsisch und platt hätten Eingeborene nicht besser sprechen können. Insofern sehr erstaunlich, weil wir bereits auf viele Türken getroffen sind, die lange Zeit in Deutschland gelebt haben und schlechter deutsch sprechen, als wir türkisch - und das wo unser Vokabular sich auf unter 40 Wörter beläuft (+die Zahlen bis 39 sowie 50-59, 100 und 1000)
Ob Sammi tatsächlich einfach glücklich war seine Jugendsprache wieder gehört zu haben oder vielleicht dass das eine oder andere Bier, welches er vor unserem Kennenlernen getrunken hatte, ihn emotional werden ließ, es gab in jedem Fall eine sehr herzliche Verabschiedung.
Der nächste Morgen hielt ein köstliches türkisches Frühstück mit Meneme und Brennnesselpüree für uns bereit. Die Unterhaltung mit der türkischen Englischlehrerin ließen unsere Neugierde für den Englischunterricht steigen. So beschlossen wir die Abfahrt nach Trabzon auf den Nachmittag zu verschieben, wenn es richtig regnen sollte, und dem Englischunterricht beizuwohnen.
Es war erschreckend! Die 11. Klasse in einer Art Leistungskurs mit 10 Stunden pro Woche seit der 5. Klasse konnte sehr schlecht englisch sprechen. Die Grundkursschüler mit 4 Stunden im Prinzip gar nicht. Aber es war interessant eine türkische Schule mal von Innen zu sehen.
Als der Regen am späten Nachmittag dann seinen Höhepunkt erreichte sind wir flink und klitschnass dir restlichen 50km bis Trabzon gefahren. Dort wurde es uns mit großem Organisationsaufwand und der viel Hilfsbereitschaft sämtlicher türkischer Studenten in Trabzon ermöglicht in einer siebener WG unterzukommen. Es ist sehr beeindruckend wie unproblematisch jemand sein Zimmer drei fremden Deutschen überlässt, nur weil eine Freundin die diese drei Deutschen ebenfalls nicht kennt ihn darin bittet.
Wir durften im gleichen Zuge erfahren, dass Olcay die 150km von Ordu nach Trabzon ebenfalls mit repariertem Rad zurückgelegt hatte und in Trabzon angekommen ist. Als wir ihn am nächsten Morgen zum Frühstück trafen, erzählte er von seinem Glück: die Reparatur nahm nicht viel Zeit in Anspruch und durch mehrere Telefonate (er ist ausgesprochen gut vernetzt) fand er einen Freund, der ihm ein neues Fahrrad sponsert. Dies erwartet er nun in Trabzon.
Nach dem Frühstück entschieden wir uns doch den Tag in Trabzon zu bleiben. Abends ging es dann in unsere neue Herberge. Sehr weit hoch den Berg hinauf in ein Studentenwohnheim, wo freie Zimmer fürs Couchsurfing zur Verfügung gestellt werden. Gleichzeitig ist der Besitzer dieser riesen Anlage der Sponsor von Olcay. Er ist bereits mit dem Motorrad durch die Mongolei und konnte uns einige Geschichten erzählen. Spät abends wurden die Konversationen in sein privates Haus verlagert und bei viel Raki und Bier intensiviert.
Jetzt haben wir uns entschieden die kostenlose Unterkunft einen weiteren Tag in Anspruch zu nehmen. In der Vorhalle sind Billardtische und eine Kletterwand. Außerdem hat uns eine unerklärliche Migräne befallen. Es ist nicht gesichert, wieso wir beide gleichzeitig betroffen sind, aber wahrscheinlich ist es die Höhenluft. Den weiteren Tag Pause können wir uns unter anderem daher leisten, da die Strecke bis Batumi von Fahrrad fahrenden Augenzeugen als flach bezeichnet wurden und kurzer ist, als wir es gedacht haben. 200 km in den nächsten zwei Tagen.







Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen