Samstag, 21. Juni 2014

Von netten Menschen zu netten Menschen

Das Wichtigste vorne weg, ehe ich es vergesse:

- Wir sind wieder in Europa.
- Wir lernen Überall eigentlich nur nette Menschen kennen.
- Orsk (Russland) ist gar nicht so weit weg. Orsk haben wir in unserem Fahrplan mit aufgenommen, damit wir Vicky, einer Freundin von Mo, besuchen können. Das war bei Abfahrt klar, aber schien so wei zu sein, dass es unwirklich erschien. Nun tatsächlich hier zu sein ist irgendwie merkwürdig aber grandios zugleich - und bei so herzlichen Menschen sowieso.

Kasachstan haben wir unter sehr anstrengenden Bedingungen kennengelernt. Doch nach den ersten zwei Wochen (was? Zwei Wochen waren das wieder?) hat sich das abschreckende Bild Kasachstans zu einem deutlich freundlicheren gewandelt. Mittlerweile haben wir auch noch eine brandenburgische Facette hier entdeckt: den Spreewald! Ein tolles Wasserschutzgebiet 70km nordöstlich von Aktobe. Das klare, fließende Wasser aus einen großen See kommend war zwar sehr kalt, was aber unter denn warmen Bedingungen sehr angenehm war. Zwar haben wir nördlich von Aktobe nicht mehr die brennende Hitze aus der Wüste, zu bewölkt war es die letzten Tage. Doch unter dieser Wolkendecke staute sich eine drückende Hitze, die uns sehr ermüdete. Aber kaum lichtete sich diese Decke, wurde es mit dem stetig starken Wind sogar recht frisch. Neben den aus dem Berliner Umland bekannten schönen Gewässern, gibt es hier auch das in Brandenburg bekannte Fliegzeug: Bremsen, Mücken und anderes nervige Stechwesen trieben uns zur größter Eile das schützende Zelt aufzubauen und -suchen. Mein Glück ist nur, dass Mo attraktiver ist - für Fliegen, Mücken und Bremsen.

So fuhren wir eineinhalb Tage bis kurz vor die Grenze. Der Grenzübertritt war der problemloseste von allen. Zwar reisten wir aus Kasachstan noch aus wie Kassenpatienten. Doch um aus dem Niemandsland wieder herauszukommen und nach Russland einzureisen hatten wir Privatpatienten-Status! Wir waren vorangekündigt! Es etwartete uns ein Kamera-Team. Dies veranlasste die Grenzbeamten unsere Einreise zu beschleunigen, sodass sie uns an ein Fenster für die Gegenrichtung wiesen, welches gerade frei war - wir hatten keine Wartezeit. Doch die meiste Zeit sparten wir wohl dadurch, dass die üblichen, interessierten Nachfragen der Grenzbeamten ausblieben: "Откуда?"

Hinter der Grenze standen dann einige Radler samt Radgestell aus der Fahrrad-community Orsk, das FernsehTeam und Vicky für die Übersetzung bereit. Erste Interviews wurden geführt. Dann ging es auf die letzten 15km in die Stadt rein. Erstaunlich hügelig ist die Gegend und wohl auch verraucht, da es in der Nachbarstadt eine Zementfabrik ohne Filter (Vicky + Übersetzungsfehler) oder Kupfer/Chrom/Nickel (Wiki + Wikifehler) gibt - wohl aber ungesund (eigene freie Interpretation nach Analyse der Bilder).

Hier fließt der Ural, welcher einer der europäisch-asiatischen Grenzen markiert. So back in Europe!

Für unsere Unterkunft hat Vicky uns ein Zimmer bei einem Kumpel der Fahrradgemeinschaft organisiert. Es ist super privat unter zu kommen und so mehr vom Leben der hiesigen Studenten mit zu bekommen. Trotz großer Sprachbarrieren wenn Vicky mal nicht mit dabei ist, geben sich alle größte Mühe und am Ende klappt alles - so wurde es uns letztendlich ermöglicht das Deutschlandspiel um 1Uhr Ortszeit zu verfolgen (+4 zu Deutschland).
Es wird viel Gelacht. Dabei bleibt für uns manchmal unklar, ob wir nicht (ob unserer perfekten Aussprache) ausgelacht werden, aber wir haben uns wohl einen Dagestan-Dialekt (der ersten russischen Region die wir bereisten) zugelegt, welche(r) hier wohl weniger gemocht werden als Preußen in Bayern.

Dann folgte am ersten Abend das nächste Interview auf dem Dach eines Hauses mit Blick über die Stadt und zu guter letzt am darauffolgenden Nachmittag ein Fernsehe-Interview mit dem Lokalsender von Orsk. Routiniert wie wir mittlerweile waren, war der Reporter wohl nervöser als wir. Aber das tolle war, dass wir lediglich englisch zu stammeln brauchten, was dann letzlich von Vicky sicher sinnvoll zusammengefasst und übersetzt wurde. Auf manche Fragen brauchten wir sogar gar nicht mehr antworten, da Vicky den vollen Durchblick hatte. Dreist ist nur, dass einige ungefragt auch unsere Bilder nutzen - und damit ist nicht unserer eigener Fan-Club in einem russischen Facebook-Verschnitt gemeint, sondern die Plattformen, die damit auch Geld verdienen.

Infos, Bilder, Eindrücke der Interviews versuch ich noch nachzureichen.

1. Interview an der Grenze: http://www.ural56.ru/news/23/373220/

3. Interview: http://pda.orsk.ru/index.php?r=news/article&id=48516

"Fan-Club": http://m.vk.com/event69984823


Mittwoch, 18. Juni 2014

neuer Sponsor weberberg.de



In Degimendere (Türkei) wurden wir mit einem Schlafplatz neben einem Atatürkdenkmal unterstützt.
Das war erst der Anfang: Mitten in der problematischen Phase in Kazaschstan ereilte uns die Nachricht einer Finanzspritze von weberberg.de
Vielen Dank dafür.


Sponsoren

Nach dem Sturm die Ruhe

Die Aufräumarbeiten haben unter tatkräftiger Mithilfe vieler Menschen begonnen. Nun sind wir fast so gut ausgerüstet wie vor dem Sturm:

Taschen sind geSeamGript.
Achsschraube neu ersetzt und eine weitere als Reserve gekauft.

Auf dem Weg nach Aktobe wurden wir in Alga auf offener Straße angehalten und mit der extrem gastfreundschaftlichen Seite Kasachstans vertraut gemacht. Wir wurden mehr oder weniger gezwungen diese anzunehmen. Und es war schön! Ein vierzehnjähriger Junge mit Ambitionen auf das Präsidentschaftsamt hielt uns an. Er sprach ausreichend gut englisch, dass man verstand, welche selbst gemachten Köstlichkeit wir essen durften - es war herrlich!
Darueber hinaus war die laufende WM Gespraechsstoff Nr. 1! Wir wurden ueber die aktuelle Situation aufgeklaert und bekamen noch den Hinweis, wo wir Abends in einem etwas entfernteren Dorf in Richtung Aktobe unser erstes Spiel (Schweiz gegen Ecuador) sehen konnten. Durch die Zeitverschiebung ist es nicht realistisch mehr als das erste Spiel, welches um 18:00 deutscher Uhrzeit beginnt, zu sehen: bei uns beginnt es um 21 Uhr...

Für die Unterkunft in Aktobe war ein Aufenthalt bei einer Familie geplant, deren Vater uns in Makat, einer Stadt irgendwo zwischen Atyrau und Aktobe mit entsprechenden Strassenverhaeltnissen, in einem Cafe mit Russisch und Zeichensprache angesprochen und nachdruecklich darum gebeten hat, dass wenn wir in Aktoben sind, ihn zu kontaktieren. Er koenne uns eine Dusche, ein Schlafplatz und etwas zu Essen bieten (dargestellt mit entsprechenden schauspielerischem Talent). Gesagt, getan!

Kaum waren wir nach unserer Tramp-Aktion und den positiven Erfahrungen in Alga dann auch in Aktobe angelangt - zwei Tage frueher, als wir es angekuendigt hatten - versuchten wir unser Glueck und riefen die kasachische Nummer an. Leider sprach der Vater noch immer nicht Englisch und auch sein Deutsch hatte sich nicht vebessert. Doch die Bemuehungen waren ueberwaeltigend. Letzlich organisierte er seinen Sohn, der gut Englisch spricht. Sie passten deren Tagesplan an unsere Beduerfnisse an und auch den des gestrigen und heutigen! 
Wir verbrachten zwei Naechte bei dieser netten Familie, die einfach zwei wildfremde Radfahrer bei sich aufgenommen hat. Von sich aus! Wir bekamen neben Essen, Schlafplatz und Dusche auch noch eine Menge Unterstuetzung, die Fahrraeder und das Material wieder in Schuss zu bekommen. Dazu waren wir gestern bei einem Bazar, aehnlich denen, die wir aus der Tuerkei kennen. Wo man alles bekommt. So haben wir neben der Achsschraube auch neue Latschen und Sonnenbrillen gekauft...

Die ewige Geschichte der Sonnenbrillen!
Ich habe mir auch zwei neue gekauft, denn:
nachdem Nr. 1 irgendwo um Ungarn bei der Grenzaktion ueber die Bahnschienen mit der Oma verloren gegangen ist, ist Nr. 2 bei einer Abfahrt irgendwo in der Tuerkei von meiner Lenkertasche abgeflogen. Nr. 3 hielt bislang am laengsten durch. Doch fiel sie letztens in einen Brunnen, als ich mich darueber beugte um Wasser aufzufuellen. Ersatzbrille Nr. 4 fiel zwar nicht vom Fahrrad, als es hinten auf dem LKW lag und rhythmisch zu den Schlagloechern auf- und absprang, aber diese Bewegungen fuehrten zu Kratzern, dass ich sie wegschmeissen konnte. Nun habe ich mir nach harten Verhandlungen Nr. 5 und 6 fuer zusammen 2000 Tenge gekauft... Nr. 5 ist bereits auf den Bildern unten im Einsatz (aehnelt sehr meiner geliebten, badenden Brille Nr. 3)

Nachmittags ging es dann darum das Stativ zu reparieren. Da de fehlende Mutter ein Sondergewinde hat, hat der Vater die originale Feststellschraube mit einem Gewindeschneider angepasst. Die Kontermutter wurde dann per Hand noch kleiner geschliffen, damit sie in das entsprechende Loch passte. Damit die Mutter nicht nochmal verloren gehen kann, hat der Vater sie nach dem Einsetzen mit Kaugummi versiegelt: "kazak style"!
Zusaetzlich fertigte er uns noch eine weitere Ersatzmutter an... Es wird einfach alles fuer uns gemacht...

Natuerlich haben wir am Vorabend auch gemeinsam das Deutschlandspiel gegen Portugal verfolgt und zum Anstoss, als auch bei jedem Tor mit einem Schnapsglas voll Vodka auf das naechste Tor angestossen. Es hat sich gelohnt! Herr Loew sollte uns dankbar sein!

Jetzt geht es gleich los in Richtung Orsk, welchs wir in drei Tagen zu erreichen gedenken.














Dienstag, 17. Juni 2014

The great kazakh hospitality

After we had our black friday 13th (Check out Cedrics blogpost Freitag der 13.) with everything from flat tires to broken back achsles and lost cameras we also had the best time in Kazakhstan so far. After we got the back achsle of my bike repaired provisionally with the help of a lot of really nice people and a car mechanic in the village near our campspot, we continued on our way to Aktobe where we had the number of a guy we met in a diner in a village in the middle of nowhere. In Alga we had one of the really nice experiences. A boy stood on the side of the road and told us loudly in english to stop. He introduced us to his neighbourhood, his village, his family and invited us inside to eat.e homemade cheese was amazing and his family really nice and very welcoming. After 30 minutes they told us very nicely that we were free to move on now which is perfect. No uncomfortable silence where you dont know if you should stay or go but a nice goodbye. The next day we arrived in Aktobe and tried to call our contact, Evgeni, in the hope that his multilingual wife would pick up. She didnt and since you cant talk with your hands and feet on the phone it was really difficult until his son, Sergej who speaks english, got on the phone and we were able to meet them. They invited us to stay with them in their home even though they didnt know us at all and we really didnt smell of roses. We prepared the dinner and later we watched the game Germany-Portugal together with Vodka and beer and Chips. A perfect night. Today they helped us to get all the spare parts for our bikes we needed. It is incredible to what lenghts they would go to help us. They drove us around the city the whole day in search of the parts we needed and of course we were not allowed to pay since we are the guests. We will stay with them one more night and move on tomorrow towards Orsk.

Below are a few more pictures from aktobe and a wedding party who stopped me on the highway and gave me money to take a picture with them. I am thinking of starting a modelling career.
 

Montag, 16. Juni 2014

Freitag der 13. Juni 2014

Tag 105 - ein abenteuerlicher Tag!
Abergläubig sind wir nicht - umso ärgerlicher ist es, dass diese Pannenserie an einem so bedeutungsgeladenen Tag passierten. Freitag den 13!
"Es fing ganz harmlos mit Monopoly an, ich war immer der reichste, weil ich immerzu gewann..." (Die Ärzte).
Bei uns ging es los mit Mos abgebrochenen dritten Ständer. Was solls, dann wird das Fahrrad halt an einen der Bäume hier in der vegetationslosen Steppe/Wüste gestellt. Dann war es ein Platten an Mos Hinterreifen. Erfahren-routiniert war dieses Problem binnen weniger Minuten gelöst. Doch beim Festziehen der Feststellschraube der Achse brach die Schraube! Kein Ersatzteil parat, kein Provisorium möglich - nicht bei diesen Straßen, nicht bei unserer Zuladung!
50 km vor und hinter uns zum nächsten Dorf! Wir befanden uns Genau in der Mitte. Genau in der Mitte befanden wir uns! Ahhhhh! Aber ein schattiges Plätzchen unter der Brücke hatten wir - es könnte also schlimmer sein. Ach ja, wurde es auch!
Uns blieb nichts anderes möglich als zu trampen! Der dritte LKW hatte dann auch die Möglichkeit uns mitzunehmen. Er wollte sogar nach Aktobe. Wir legten die Fahrräder und Gepäck hinten auf den langen, offnen Tieflader und verzurrten alles gut mit unseren Stropsen.
So schlecht die Straßen mit dem Rad zu fahren sind, so sind sie mit Auto/LKW noch schlechter! Von meinem Onkel (liebe Grüße an dieser Stelle) weiß ich, dass Schlaglöcher entweder mit 10km/h oder 90 km/h zu fahren sind, damit man sie nicht mehr spürt. Ratet mal wofür sich der LKW Fahrer entschieden hat!?
Entweder hat er nicht ganz die 90 erreicht oder mein Onkel hat sich getäuscht - letzteres mag ich bezweifeln! Wir fuhren in jedem Fall nicht ladungsangemessen. Angst und Bange war uns um unsere wertvollen Gegenstände hinten. Die Wertsachen in der Lenkertasche hatten wir selbstverständlich bei uns. Doch zur Mittagspause entdeckten wir, dass die Kamera von Mo aus der Lenkertasche fehlte. Sie war normalerweise an der Seitetasche eingeklemmt und zusätzlich mit einem Karabinerhaken gesichert.
Ist es Rassismus, wenn man den Fahrer verdächtigt? Wir wurden den Gedanken aber nicht los, dass am Ende der Fahrt der einzige Gegenstand der fehlte, genau aus der Tasche fehlte, welche der Fahrer als einzige Tasche während des hektischen Aufladens kurzzeitig in der Hand hielt! Wir ärgerten uns ob dieses vorschnellen Urteils über uns selbst, da es selbstverständlich auch die Möglichkeit gibt, dass Mo den Karabinerhaken ausnahmsweise vergessen hatte zu fixieren.
Letztlich ist es auch völlig egal auf welche Weise die Kamera verschwunden ist, wir werden die Antwort wohl nie erfahren. Vielleicht wäre es sogar besser, wenn sie geklaut wurde, dann hat sie wenigstens noch eine Funktion und würde nicht in der Wüste verstauben.
Ärgerlich - nein richtig ärgerlich, so, dass wir beide echt mies gelaunt waren, ist es nur um die verlorenen Bilder und Videos! Euch bleibt somit mein Wüstendance in der Mittagshitze zu einem System of a Down Lied vorenthalten: "everybody is going to the party have real good time. Dancing in the desert, blowin up the sunshine..." man hätte nur diese Zeilen gehört (mehr Textpassagen verstehe ich nicht), den Rest hätte ich extravagant ver-'eurythmisiert'. Man hätte es in Anlehnung an den Freejazz auch Freedance bezeichnen können...
Nun ja...
Nach der Pause fuhren wir in Kolonne in zwei LKWs weiter, da es eigentlich nur zwei Plätze in einem LKW gab. Der erste Fahrer wollte aber uns seinen LKW aber nicht komplett überlassen und zurückbleiben. Ganz verstanden habe ich das Problem auch nicht, da es zwar nur zwei Sitze gab, aber mit dem Anschnallgurt vom Fahrer insgesamt genau 0 Anschnallgurte gab. Also warum dann nicht auch zu dritt fahren, wenn sich eh keiner anschnallen kann? Aber er meinte bei drei Personen meckere wohl die Polizei. Nicht aber bei 0 angeschnallten Personen und auch nicht bei telefonierenden Fahrern?
Egal, so saß ich im zweiten LKW und hatte immer wieder die Möglichkeit unser hüpfendes Gepäck von hinten zu sehen, während sich die Fahrer auf der Sandstrecke ein kleines Rennen ablieferten. Es ging darum wer die am wenigsten löcherige Fahrbahn der bis zu 8-spurigen Sandhighways fand, in dem man immer wieder dir Spur wechselte, sobald der die Spurrinnen trennende Erdwall an einer Stelle platt gefahren war - nach dem Prinzip auf der anderen Seite des Zauns ist der Rasen grüner!
Gewinner konnten wir nicht ausmachen, dafür aber eine Menge Verlierer:
Stoßdämpfer, Achse, Reifen, Anhängeraufhängung, meine Nerven, mein Wasserhaushalt (ich bin glücklich nur übermäßig transpirert zu haben und nicht auch noch unkontrolliert uriniert), Mos Kopf (vom gegen die Decke stoßen), ein Haufen Kleinvieh von Fliege bis Erdmännchen und natürlich unser Material hinten.
Erstaunlich war, dass der zweite LKW einen Kleintransporter geladen hatte. Dieser ca 2 Tonnen Zuladung brachten ihn aber nicht davon ab seinen Bleifuß einzusetzen.
Nach zwei missglückten Ausstiegversuchen, bei denen Mo und ich uns abwechselnd nicht einig waren weiter zu fahren und das Material zu riskieren oder auszusteigen und womöglich kein Ersatzteil für Mos Fahrrad in einer der kleinen Städte zu finden.
Als die Straße auch dann nicht besser wurde, als sie hätte besser werden sollen, weil 2 Hauptstraßen zusammengeführt wurden, entschieden wir kurzerhand auszusteigen. Mit den Gedanken "Notfalls schieben wir die letzten 100km bis Aktobe, als noch länger die Räder auf dieser Buckelpiste zu malträtieren"' lies ich die LKWs mit einem inzernational verständlichen Urschrei "Stop" anhalten. Diese vier Buchstaben in Form eines Schildes hatte der Fahrer einige male lachend und darauf deutend ignoriert.
Wir entpackten unsere Räder samt Gepäck und packten uns anschließend mies gelaunt zwischen die hier so weit im Norden existierenden Büsche!
Mies gelaunt, weil wir den bislang schönsten, grünsten und wasserreichsten Teil Kasachstans im verkehrsuntauglichen Truck verpassten. Wobei die Trucks noch die schnellsten auf den Straßen waren, da diese besser gefedert 80% der Schlaglöcher überfuhren, während die PKWs zum Teil darin zu verschwinden drohten.
Mies gelaunt darüber, dass wir einen Radreisenden uns haben entgegenkommen sehen, als wir eingesperrt in der Karosserie dieser Maschine saßen.
Mies gelaunt darüber, was heute alles kaputt oder verloren gegangen ist! Das Trampen, bzw die Verschnürung, die Straßenverhältnisse und der Fahrstil (erinnert mich irgendwie an den Schuh des Manitu: "das ist doch kein Reitstil, das ist Tierquälerei") haben Mos hintere Taschen und den Gitarrensack schwer beschädigt. Dem Kamerastativ fehlt eine Schraube, eine Stropse ist abgerissen, etwas Material an Sattelstange und Mos Schaltkasten (um Missverständnissen vorzubeugen: ich meine damit den seines Fahrrades) ist abgetragen.
Die kleinen Löcher in den Taschen kriegen wir mit SeamGrip geflickt, ob dies mit den großen Rissen klappt wissen wir noch nicht. Im ersten Versuch sind wir gescheitert...
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Samstag der 14.
Ausgeschlafen! Erholt! Und dann? Die nächsten Probleme! Kein Frühstück!
Im gestrigen Trubel haben wir nicht nur das Fußballergebnis des WM-Auftaktes verpasst, sondern auch vergessen einzukaufen. So wollten wir Spaghetti zum Frühstück machen, da die gestrigen Reis-/Salatreste von Ameisen kontaminiert waren. Doch die Pumpe für unseren Kocher gab just in dem Moment den Geist auf. Aberglauben ist also Unsinn! Der 14. beginnt ja noch schlechter als der 13! Oder ist darin eine Steigerung zu sehen?
Doch konnten wir den Defekt kurzweilig zum Kochen beheben und nach dem Kochen gänzlich: Beim MSR-Kocher sollte der Pumpkolben regelmäßig geölt werden, sonst bleibt das Ventilgummi nach Druckaufbau unten kleben und wird nicht mehr mit zurückgeführt.
Für Moritz ging es dann auf in die 15km entfernte Stadt, mit dem Ziel die Feststellschraube zu ersetzen, während ich mich daran machte Kocher zu reparieren und zu reinigen sowie sämtliche Taschen zu SeamGripen. Erstaunlich schnell war Mo zurück. Es gäbe wohl kein Fahrradladen in Kandyagash, aber hilfsbereite Menschen haben ihm die Schraube geschweißt. Leider hielt diese Naht nicht!
Nach dem Mittagessen ging es auf zu einem zweiten Versuch. Etwas erfolgreicher kam Mo davon zurück. Er hatte eine entsprechende Schraube, die leider nicht gänzlich festzuziehen ist, da die Mitte sonst durch rutscht. Als Provisorium allerdings durchaus geeignet. Auf dem Weg zum halbwegs erfolgreichen Abschluss dieser blöden Achsgeschichte, hatten viele Menschen ihren Anteil daran. Hilfsbereite Menschen, die sich genauso darum bemühten, die Sprachbarriere zu überwinden: Sei es im ersten Versuch beim Schweißen oder im zweiten Versuch, die Organisation der Schraube und der wohl einzig passenden Mutter in dieser Gegend. Mo war zunächst beim Automechaniker, welcher nicht weiterhelfen konnte. Zwei Kunden boten Mo an, ihn zu verschiedenen Baumärkten zu fahren - der dritte hatte die entsprechende Schraube, aber keine Mutter. Letztere ließ sich dann, zurück beim Mechaniker, im Kofferraum eines dritten Kundens auftreiben.

Brandenkasachstanburg

Zeit!
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Nichts zu sehen außer Autos, Staub und -wolken sowie die Weite.
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Das lässt Raum und Zeit!
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Zeit nachzudenken, zu reflektieren, sein eigenes Leben auf den Prüfstand zu stellen!
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Und das einzige was uns auffällt ist, dass es viele Parallelen zwischen Kasachstan und Brandenburg gibt. Entweder ist uns bereits zu langweilig, dass wir in voller Lethargie nicht mal mehr denken können oder wir haben es einfach zu gut - was angesicht erstmals schmerzender Hintern nicht sein kann!
...
Nach 5500km die ersten Schmerzen!? So plötzlich!? bzw wieso jetzt? War die Eingewöhnungszeit (320h) zu kurz? Kommt die Belastung für die Hintern so überraschend? Ist es die Hitze? Haben sich unsere Sitzpolster durch gesessen?
Oder sind selbst unsere Hintern so phlegmatisch, dass sie erst jetzt kapieren, dass wir seit über 320h auf einem Lederfetzen sitzen! Bei Mo ist eine Erklärung vielleicht einfach: sein Sattel ist so weich und durch gesessen, dass er auf die unteren metallenen Streben aufsetzt/-sitzt. Bei mir lässt aber bestenfalls die dämpfende Wirkung der Hosenpolster nach... vielleicht ist es ja auch einfach nur die Hitze oder eben die Langeweile die einen an den Arsch (der Welt) erinnert - womit wir wieder bei Brandenburg wären!
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Also zurück zu Brandenburg- nur gedanklich, so schlimm ist es hier in Kasachstan nun auch nicht!
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Beide sind flach und öde, nichts zu sehen, außer ein paar Seen, die hier allerdings ausgetrocknet sind. Hier ist es wärmer als in Brandenburg, was vielleicht an der sozialen Kälte liegt. Denn hier haben wir mittlerweile sehr aufmerksame Menschen getroffen, die uns beim Überholen mit dem Auto eine Flasche Wasser, Cola oder sogar einmal Bier durch das Fenster reichten: Solch einen Service erhalten sonst nur die Profi-Radsportler...
Brandenburg hat vielleicht etwas mehr Bäume, daher kann man sich Kasachstan einfach wie Brandenburg nach einem Kahlschlag vorstellen.
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Apropos Kahlschlag! Auch politisch werden wir immer wieder an Brandenburg erinnert. Jeder zweite Kasache mit dem wir uns "unterhalten", fragt, nachdem wir uns als Deutsche geoutet hatten, nach Adolf Hitler, bzw bezeichnet uns als Faschisten. Allerdings sind wir sind uns nicht sicher, ob die entsprechenden Kasachen bei der Erwähnung unserer Herkunft sofort auf Adolf Hitler zusprechen kommen, um damit zu provozieren oder nur nachzufragen, also ein reines Interesse daran haben, wie dieses brisante Thema in Deutschland wissenschaftlich diskutiert und in den Schulen behandelt wird:
Denn so wie wir einfach nur "girmanja!" auf die Herkunftsfrage antworten, sagen sie einfach nur "Adolf Gitler!?" meinen aber Hitler, was daran verständlich wird, dass die nähere Erläuterung "faschisti!?" folgt. Zum Teil folgen weitere Erklärungen durch das Stramm stehen und abrupte Heben des rechten Armes.
Es ist ja bekannt, dass auch in Brandenburg die Meinung sehr weit verbreitet ist, dass das Deutsch-Sein mit rechter Ideologie verbunden ist.
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Mittlerweile sind wir davon abgekommen, solche Kommentare einfach zu ignorieren. Viel zu oft wird bei rechten Gedanken weggesehen und sie ignoriert! Wir nehmen stattdessen die Aufforderung zur Diskussion über die Frage zum wissenschaftlichen Stand und Umgang mit Hitler sehr ernst!
Lange haben Mo und ich überlegt wie man dieser Bitte um Perspektiverweiterung nachkommen kann. Die Ideen gingen von Beschimpfungen (abgelehnt aufgrund pazifistischer Einstellungen), bis hin zum auswendig gelernten Monolog auf russisch, der mehr Licht in das Dunkle bringen könnte (abgelehnt: keine Nachfragen möglich und zu viel Aufwand - wir haben ja keine Zeit). Daher stellen wir uns der Diskussion und machen auf der Stelle demonstrativ kehrt, begleitet mit dem Ausruf "Hitler njet!". Dies hatte leider auch einmal zur Folge, dass wir auf Wasser verzichteten, welches uns gerade gebracht wurde, ehe eine zweite Person aus dem Haus kam und uns mit der bekannten Initialfrage begrüßte.
So wie sie ihre weitreichende Frage sehr schlicht formuliert ist, ist unsere Antwort daran angepasst.
Ich bin davon begeistert, wie man mit so wenigen Wörtern Diskussionen bis in das letzte Detail führen kann. Aber gerade beim letzten mal sollte es einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben, da wir 1. auf Wasser verzichteten, 2. den Ausruf "Hitler njet" wiederholten und 3. Mo und ich beim Umkehren uns in die Quere kamen, sodass Mo dabei halb-elegant vom Fahrrad absteigen musste und das Fahrrad in den Dreck legte.
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Doch es gibt auch Unterschiede zwischen Brandenburg und Kasachstan: Wölfe sind hier nicht Wölfe sondern Wildpferde, Kamele, Ziegen und Erdmännchen. Ich bin im Übrigen der Meinung Steve gefunden zu haben! Statt verstaubter Menschen gibt es hier verstaubte Sträucher. Die Entfernungen zwischen den Dörfern beträgt nicht 10 sondern eher 100km, was aber im Verhältnis zum restlichen Gebiet wahrscheinlich auf den gleichen Faktor hinausläuft. Ich denke weder Achim Mentzel noch Washington, Denzel waren jemals hier - wieso auch?
Auch gibt es Momente, in denen wir uns nach Brandenburg sehnen. Nicht nur weil wir damit Berlin näher wären. Nein! Die hiesigen Straßenverhältnisse lassen uns selbst die brandenburgischen Straßen/Autobahnen vermissen. Nachdem wit stellenweise gut ausgebaute Teerstraßen zwischen Atyrau und Dossor hatten, sind die Straßen hier nicht mehr als solche zu bezeichnen. Wir haben fakultativ bis zu 8-spurige Sandhighways, eine löchrige Schotterstraße oder einfach nur mannshohe Krater mit Asphalt drumherum. Es ist Adrenalin pur und fordert höchste Konzentration, den richtigen oder zu mindestens nicht den falschesten Weg zu finden. Es ist zum Teil wie Achterbahn fahren, nachteilig ist hierbei nur, dass der Verschleiß an Material recht hoch ist. Gestern (Tag 104) hatte ich kurz vor unserem anvisierten Zeltplatz am See (welcher dann doch ausgetrocknet war) einen Platten. Heute (Tag 105) war Moritz nach rund 20km an der Reihe. Rasch geflickt und dann geschah das eigentliche Problem... Freitag der 13.?
Fortsetzung folgt

Sonntag, 15. Juni 2014

Material

Dem Material merkt man die Strapazen der Reise deutlich mehr an als uns. Die Schraube an der Achse ist gebrochen, sodass wir wieder gezwungen waren zu trampen. Erstmal haben wir das provisorisch repariert, mal sehen wie das weitergeht. Details und Fotos folgen.

Sonntag, 8. Juni 2014

Bilder der letzten Wochen

Kurze statements zu den Bildern unten.
1 - 3 sportliches und wetterphänomenologisches Spektakel noch in Georgien, Nacht nach Tiflis
4 u 5 Grenze Georgien/Aserbaidschan
6 Pausenplatz nach Xaçmaz
7 Grenze Aserbaidschan/ Russland - Adrenalin pur! (an dieser Stelle nochmals vielen Dank an die beste Visa-von-Berlin-nach-Samsun-Versende-Agentur-die-Es-nur-gibt-und-dafür-sogar-den-Urlaub-verschiebt-und-auch-sonst-super-toll-ist!!!)
8 Grenze Russland/ Kasachstan (ich würde gern die Lobeshymne hier wiederholt wissen, ist mir aber zu aufwendig den ****** zu kopieren)
9 nach Zeltstangenbruch durch Windlast weitere Fixierung. Maskarade sind keine Spielchen sondern gegen Fliegen und Mücken. Erstere sind natürlich nur bei mo, ich bräuchte eigentlich nicht habe aber sympathisiert
10 typischer Sonnenuntergang der letzten Tage in der steppigen Wüste oder wüsten Steppe
11 keine Wolken nur Hitze in Kasachstan
12 in der Flasche ist Wasser - dennoch Koma und Saufen!
13 candlenightdinner mit türkisch-kasachischem LKW Fahrer
14 u 15 Pferde auf dem Weg zur Tränke, ein kommen und gehen
16 Paradoxon? Ständerextention eines Vegetariers
17 Berufsaussichten sind Mau
18 hit the road Jack
19 die beste Abschaffung der vergangenen Wochen: zwei Xxl-Hocker