Samstag, 7. Juni 2014

Ich sitze in der Hitze und schwitze

Die Tage fliegen dahin... bereits Tag 94!
Bald sind wir dreistellig!

Doch ersteinmal etwas Statistik für Gelangweilte im fortgeschrittenen Studium - gemeint sind sowohl Verfasser als Empfänger der folgenden Zeilen.

Wie sieht es mit dem Zeitplan aus?
Klar durch die vielen Veränderungen und zum Teil ungewollten verlängerten Aufenthalte in Samsun und Tiflis - so schön sie auch waren - sind die Pläne längst überholt, dienten sie auch eher als grobe Orientierung und waren nur bezüglich der Visa verbindlicher. Diese verbindlichen Termine einzuhalten ist uns  allen Widrigkeiten zum trotz bisher gelungen, was insbesondere für Kasachstan wichtig war, da uns 2x30 Tage in einem 60 Tagezeitraum zur Verfügung stehen. Zwar sind unsere beiden Aufenthalte in Kasachstan vermutlich nie annähernd an die 30 Tage, aber mit dem kurzen Ausritt über Orsk nach Troitsk in Russland benötigten wir von der ersten Einreise bis zur zweiten Ausreise rund 54 Tage. Da bleibt nicht viel Spielraum. Um so dringlicher war es, dass das "Trampen" durch Aserbaidschan und Dagestan so gut funktioniert hat.

Doch zurück zum Plan!
Astrachan war auf diesem alten Plan noch für den 29.5. vorgesehen. Am 29. verweilten wir aber noch in Tiflis. Nicht weiter dramatisch, da es wie gesagt ein alter Plan war und der neue besagte 3.6. Was ich jedoch am 29.5. in Tiflis verweilend zufällig auf dem veralteten Plan sah, war, dass die Kilometerzahl, die wir zu dem Zeitpunkt erreicht haben sollten exakt mit geleisteten übereinstimmte: 5000!
Nun hatten wir zwar diese Strecke auf einer Kette abgefahren, waren aber noch lange nicht so weit gekommen... hätten wir bis Astrachan die rund 1000km mit dem Fahrrad fahren müssen, hätten wir nicht nur ein kilometertechnisches, sondern daraus resultierend auch ein zeitliches Problem gehabt.
Durch das "Trampen" haben wir jedoch nicht nur Zeit gut gemacht, sondern die verfehlten Kilometer etwas egalisiert. Wir sind in Astrachan bei knapp 5200, also locker unter 10% Verfehlung - also alles wieder easy!

Jetzt sind wieder einige Tage vergangen, seit dem ich den obigen Beitrag verfasst habe. Wir schreiben mittlerweile den 98. Tag. Die Langeweile hat sich verändert. Nicht mehr das Eingekerkert im Auto(bus) sein, sondern die Hitze, der Gegenwind und die ode Landschaft der letzten Tage fordern uns. Um Astrachan herum, bis ca 100km Richtung Atyrau fuhren wir durch ein Fliegengeplagtes Land. Viel Wasser, viele überflutete Graslandschaften und eben viel Hitze und Gegenwind. Selten kamen wir über 15km/h hinaus. Die durchschnittliche Geschwindigkeit liegt bei 13-14km/h und das bei einem Profil, bei dem wir normalerweise über 20 im Schnitt fahren. Bitterer wurde es, dass nach diesen 100km die Gewässer rarer wurden und die letzte Erfrischungsmöglichkeit uns genommen wurde. Weit und breit nichts!

Alles wirkt hier zurückweisend.
Die Straßen sind löchriger als ein schweizer Käse. Bei manchen Löchern konnte man vermuten sie seien Geomorphologischen Ursprungs oder waren bereits beim Straßenbau vorhanden und man hat die Straße einfach um die Löcher gebaut. Ein unten zu sehendes Bild zeigt ein noch relativ enstpanntes Loch, so wie es auch auf deutschen Straßen zu finden sein könnte. Denn Loch ist nicht immer Loch! Mo bevorzugt zum Beispiel die etwas größeren bereits gut ausgefahrenen. Doch wollen wir nicht weiter über die kasachischen Löcher meckern. Da gibt es doch noch so viel anderes:
Die Temperaturen sind bei über 50°C, die Pflanzen sind stachelig, die Leute nur hinter ihrem Autosteuer fröhlich hupend, sonst wenn man sie um Wasser bittet, erhielten wir meist Zurückweisungen. Allerdings spendierte uns ein Mann auch mal einen 5l Kanister Wasser.
Der Wasserverbrauch ist bei uns nach oben geschnellt auf ca. 3-4l pro Person + 2-3l Kochen und Waschen. Auch haben wir nach und nach den Fahrrhythmus verändert. Statt gemütlich aufzustehen und gehen 9-10 loszufahren, sind wir heute um 6 aufgestanden und um 7.30 los. Der Wind war leider auch schon auf, wenn auch noch nicht so stark, aber der Hitze haben wir ein Schnippchen geschlagen. Von 11-16/17 Uhr dann Siesta und dann wird wieder bis 20/21 Uhr gefahren. Letztendlich kommen wir bei dem Rhythmus sogar auf mehr Fahrzeit.

So viel wie ich nun über dieses Land gemeckert habe gibt es doch auch etwas positives. Gestern abend wurden wir in türkischer Manier von einem LKW Fahrer auf einen cay und ein Abendbrot eingeladen. Überrascht von dieser Höflichkeit war es dann nur die Ironie dass er gebürtiger Türke im kasachischen LKW ist. Während unsere Gäume das Mahl genießten, wurden unsere Augen von einem faszinierenden Pferdespektakel verwöhnt. Die letzten Tage sahen wir immer wieder Herden von Wildpferden und fragten uns in Anbetracht unseres Wasserverbrauchs wie die dieses Problem lösten. Der erste Fluss seit über 100km wurde dann zum Sonnenuntergang in regelmäßigen Abständen von Herden zur Abkühlung und zum Trinken genutzt. Dabei zeigten sie eine erstaunliche Ordnung und Disziplin wie ich sie noch tags zuvor bei der hiesigen Bevölkerung beim umlagerten Bankautomaten vermisst habe. Jede Herde blieb nicht länger als nötig, während die kommende sich langsam näherte. Als wir uns vom LKW Fahrer verabschiedeten um unser Zelt aufzuschlagen, kreuzten wir die Pferderoute und brachten die Pferde aus dem Rhythmus. Die unterbrochenen, badenden Pferde kehrten hinter in das wieder ins Wasser zurück und durften ihr Bad beenden, während die folgende Herde im höflichen Abstand an Land wartete - auch ein Umstand der am Bankautomaten nicht vorzufinden wa.

Jetzt sind wir gerade in einem kleinen café, ganz überrascht, dass es hier Wifi gibt. Heute abend schaffen wir es vermutlich noch bis Atyrau - sind nur noch 60km und 55 haben wir schon.

Morgen gilt es sich dann in diesem heißen Land fristgerecht zu registrieren.

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